Burundi ist ein kleines, dichtbevölkertes Land im Herzen Afrikas. Von 1993 bis 2006 wurde es von einem Bürgerkrieg erschüttert. Über 300.000 Menschen sind diesem zum Opfer gefallen und über eine Millionen Menschen mussten fliehen. Bis zum heutigen Tag passieren immer wieder gewalttätige Zwischenfälle, die den Menschen die Unsicherheit ihrer Lebenssituation vor Augen führen. Als Folge von „la crise“, wie die Burunder die Zeit des Bürgerkrieges nennen, wurde Burundi eines der ärmsten Länder der Welt und ein großer Teil der Bevölkerung hat nicht genug Land, um die Familien zu ernähren.
Die Probleme des Landes treffen besonders die Schwächsten, wie die Straßenkinder, die oft aus sehr armen Verhältnissen stammen, vor Gewalt in der Familie geflohen sind, aufgrund von Erbschaftskonflikten vertrieben wurden oder durch den Krieg den Kontakt mit ihren Familien vollständig verloren haben. Sie prägen das Stadtbild der Hauptstadt Bujumbura, bewachen Autos, tragen Einkäufe oder verdienen sich durch andere kleine Arbeiten ihren Lebensunterhalt. Es gibt nur wenige Initiativen, die sich dieser Kinder annehmen, die auf der Straße immer älter werden und kaum noch wissen, wie sie wieder einen Weg in die Gesellschaft zurück finden sollen.
Eine der Initiativen ist die „Fondation Stamm“, die in ihrem Straßenkinderheim genau diesen Kindern und auch ein paar ehemaligen Kindersoldaten Zuflucht gewährt, ihnen eine Ausbildung ermöglicht und versucht sie wieder in Kontakt mit ihren Familien zu bringen. Aber die Umstände sind schwierig und die lokale NGO steht immer wieder vor großen Herausforderungen, um die Befriedigung der Grundbedürfnisse der Kinder sicherzustellen.
Aber Essen und ein Dach über dem Kopf sind nicht genug um diesen Kindern eine erfolgreiche Rückkehr in die Gesellschaft zu ermöglichen. Daher begann vivo international im Herbst 2010 das Projekt zu unterstützen, um die psychologischen Bedürfnisse der ehemaligen Straßenkinder zu untersuchen und das Heim entsprechend neu zu strukturieren. Von Herbst 2010 bis Winter 2011 war ein Psychologe von vivo international direkt vor Ort. Gemeinsam mit den Erziehern wurden Tagesstrukturen und ein Betreuungssystem entwickelt. Weiterhin wurden regelmäßige Aktivitäten eingeführt, wie z. B. Hygienetage oder Informationstage über Ausbildungen und zukünftige Arbeitsstellen. Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der Kinder bei der Rückkehr in die Gesellschaft war auch die Restrukturierung der gemeinsamen Familienbesuche. Diese ermöglichten den Erziehern mit den verbliebenen Angehörigen der Kinder Pläne für die Rückkehr in die Familie zu entwickeln und mögliche Hindernisse zu erkennen. Nicht zuletzt fanden Fortbildungen im Bereich von Erziehung für die Erzieher statt.
Einige Kinder benötigten jedoch zusätzlich individuelle psychologische Unterstützung. Sie stammten aus sehr schwierigen Verhältnissen und hatten Unaussprechliches erlebt – von Misshandlung in der Familie oder auf der Straße bis zum Beobachten wie ihre Eltern getötet wurden. Hinter den fröhlichen Gesichtern verbargen sich oft Kinder mit erheblichen Schwierigkeiten, die von Schulproblemen, Konzentrationsschwierigkeiten, sozialem Rückzug bis hin zu aggressivem Verhalten reichten. Um ihnen bei der Verarbeitung ihrer Erlebnisse zu helfen, wurden 16 Kinder mit einer erweiterten Form der Narrativen Expositionstherapie (FORNET) behandelt. Diese Variante der Narrativen Expositionstherapie behandelt neben traumatischem Stress insbesondere auch das aggressive Verhalten der Kinder.
Für die Kinder war es etwas ganz Besonderes, dass sich der Therapeut die Zeit für jeden einzelnen nahm, um gemeinsam mit ihnen ihre schlimmsten Erlebnisse zu strukturieren. Zusammenfassend berichteten viele von ihnen, dass es hilfreich für sie war, um ihre Vergangenheit zu verarbeiten und sich von nun an besser auf ihre Zukunft konzentrieren zu können. Auch die Gewaltbereitschaft senkte sich deutlich. Am Ende der Therapie bekam jedes Kind seine Lebensgeschichte in Form eines Buches überreicht. Für viele war es etwas ganz Besonderes ein Buch über ihr Leben in den Händen zu halten.