Im Jahr 2004 entschloss sich vivo, eine permanente Basis in Uganda zu errichten. Lokale Kooperationspartner und Teammitglieder bildeten vivo Uganda, eine unabhängige Schwesterorganisation von vivo international, die als Nichtregierungsorganisationen in Uganda eingetragen ist. Aufgrund der zunehmende Präsenz der Organisation in Uganda wurde vivo von lokalen Politikern und Beamten darum gebeten, sich nicht nur auf Flüchtlinge zu konzentrieren, sondern sich auch für die Unterstützung der durch Krieg betroffenen und vertriebenen Bevölkerung im Norden Ugandas zu engagieren.
Zu diesem Zeitpunkt lebte beinahe die gesamte Bevölkerung Nordugandas (circa 1,8 Millionen) in Lagern für Binnenflüchtlinge (IDP Camps), um sich vor Attacken und Entführungen durch die Rebellenbewegung um Joseph Kony – die Lord’s Resistance Army (LRA) – zu schützen. Die LRA entführte zwischen 52.000 und 75.000 Kinder und Jugendliche und zwang diese, Kämpfer, Träger, Köche, Diener und Sexsklaven zu werden. Außerdem war die LRA berüchtigt für brutale Massaker, Plünderungen und Verstümmelungen der Zivilbevölkerung. Aufgrund von Sicherheitsmängeln konnte vivo seine Arbeit im Norden Ugandas nicht vor 2005 beginnen, als erneut Anfragen von lokalen Nichtregierungsorganisationen kamen, die sich im Umgang mit ehemaligen Kindersoldaten mit psychischen Problemen hilflos fühlten. Damit begann ein neues Kapitel der Arbeit, da niemand jemals zuvor Psychotherapie mit traumatisierten Kindersoldaten durchgeführt hatte. Klinische Experten von vivo haben herausgefunden, dass die Narrative Expositionstherapie (NET) bei diesen Menschen, die stark von Kriegen betroffen sind und sowohl als Opfer als auch als Gewalttäter zugleich angesehen werden, die Trauma-Symptomatik erfolgreich reduziert [Link zum Fachartikel] . Während die geschulten lokalen Therapeuten die ehemaligen Kindersoldaten behandelten, wurden groß angelegte epidemiologische Studien und langfristige Evaluationen des Behandlungserfolgs durchgeführt. Dabei deckten die Projekte von vivo die am meisten betroffenen Gebiete im Norden Ugandas ab. Das Engagement von vivo war in Norduganda nicht nur dringend von Nöten, sondern auch höchstwillkommen. Dies bewegte vivo dazu, in Gulu, der Hauptstadt des Norden Ugandas im Jahr 2007, eine stabile Basis aufzubauen. Momentan arbeitet vivo mit mehr als sieben lokalen und internationalen Nichtregierungsorganisationen (NRO) in und um Gulu sowie mit der Universität Gulu zusammen. Überweisungen für Trauma-Therapien und Anfragen für Ausbildungslehrgänge oder Supervisionen für Mitglieder von kollaborierenden NROs wurden zahlreich an vivo herangetragen. Dabei versucht vivo, nicht nur die entwickelten Behandlungsverfahren an die lokalen Gegebenheiten anzupassen und neue Behandlungsmethoden und -module zu entwickeln, sondern auch die Notwendigkeit und Effekte der Programme wissenschaftlich zu überwachen und zu evaluieren. Bislang wurden mehr als 15 Trainingslehrgänge durchgeführt, die mehr als 300 Berater, Lehrer, Sozialarbeiter, Freiwillige aus Gemeinden und viele andere Personen erreichten. Mehr als 4000 ausführliche Screenings zur psychischen Gesundheit wurden durch Mitarbeiter von vivo und Partner-NROs durchgeführt. Mit diesen Informationen kann das Ausmaß und die Natur des psychischen Leidens erfasst und bestimmte Prozesse beobachtet und bewertet werden [Link zum Fachartikel] . Mehr als 500 Personen erhielten eine psychologische Behandlung. Gegenwärtig versucht vivo , die Konsequenzen des Krieges für die nächste Generation von Kindern zu verstehen, die zwar während des Waffenstillstandes aufwachsen durften, jedoch mit den Konsequenzen der traumatischen Geschichte ihrer Familien und Gemeinde konfrontiert sind.